Regenpoesie

Die roten Rosen waren nie so rot

Die roten Rosen waren nie so rot
als an dem Abend, der umregnet war.
Ich dachte lange an dein sanftes Haar …
Die roten Rosen waren nie so rot.

Es dunkelten die Büsche nie so grün
als an dem Abend in der Regenzeit
Ich dachte lange an dein weiches Kleid …
Es dunkelten die Büsche nie so grün.

Die Birkenstämme standen nie so weiß
als an dem Abend, der mit Regen sank;
und deine Hände sah ich schön und schlank …
Die Birkenstämme standen nie so weiß

Die Wasser spiegelten ein schwarzes Land
an jenem Abend, den ich regnen fand;
So hab ich mich in deinem Aug erkannt …
Die Wasser spiegelten ein schwarzes Land.

(Rainer Maria Rilke, Die roten Rosen waren nie so rot, entstanden in Worpswede am 9. September 1900 „in Gedanken an Paula Becker“, später verheiratete Modersohn, zu finden im „Worpsweder Tagebuch“, Teil der „Tagebücher aus der Frühzeit“, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Interessanterweise mal ein Gedicht, das es nicht in eine von Rilkes Veröffentlichungen geschafft hat, sondern welches erst später populär geworden ist. Rilke hatte sich wohl ein bisschen in Paula verguckt, die allerdings ihr Herz zu jener Zeit schon an Otto Modersohn verloren hatte, und hat später dann Clara Westhoff, Paulas damalige beste Freundin, geheiratet.

Lesetipp: Ich habe online ein bisschen in „Clara und Paula: Das Leben von Clara Rilke-Westhoff und Paula Modersohn-Becker“ von Gunna Wendt herumgelesen. Könnte interessant sein.

 

11 Gedanken zu „Die roten Rosen waren nie so rot“

  1. das Gedicht ist wirklich kongenial zu Paula Modersohns Malerei. Hättest du es nicht erwähnt, wäre es doch unverkennbar Worpswede. Ein wunderbares zartes Liebesgedicht an die junge Malerin. Es stimmt auch, dass die Farben an solchen grauen Regentagen besonders intensiv hervortreten,

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    1. Ja, da hast du ganz sicher recht, das mit den Farben bemerke auch ich als Nicht-Malerin, wenn ich zum Beispiel mit der Kamera unterwegs bin. Ich allerdings hätte Worpswede nicht erkannt.
      Man muss bei Rilke auch immer bedenken, dass er selbst ja auch früh gestorben ist. Als dieses Gedicht entstand, war er knapp 25 …
      Fehlt bei deinem Kommentar etwas? Er scheint abzubrechen.
      Herzliche Morgenkaffeegrüße nach Griechenland! 😁⛅☕🍪👍

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    1. Theorie und Praxis. Aber ey, der war 25!!! In dem Alter ist es leicht, mit dem Kopf in den Wolken zu sein. Ich habe einfach aufgehört, an ihn die Maßstäbe eines Erwachsenen zu anzulegen … 😉
      Abendgrüße 😁✨🍷🍕👍

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      1. Ich denke oft, dass ich in der Jugend die besten Ideen hatte. Aber ganz ehrlich: Ich war auf eine naive Weise unbekümmert, die ich mir heute nicht mehr vorstellen kann, trotz aller Blessuren, die ich da auch schon hatte. Inzwischen glaube ich, dass das normal ist … 🤔😏

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      2. Ich denke, das ist (fast) bei allen so. Nie wieder ist man so groß, so genial, so unbekümmert, so naiv und so weltfremd. 😀 Schön wars, aber jetzt ist es auch schön, nur ein bisschen anders.

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