Regenpoesie

Alle handeln wie die Herzen müssen

Meine Ohren horchen in die Nacht,
Wie der Regen seinen Tanzschritt macht.
Ruhe, eine der uralten Ammen,
Singt ihr Lied mit Dunkelheit zusammen,
Und der Regen tanzt auf flinken Füßen.
Alle handeln wie die Herzen müssen,
Alle wandeln frisch und unverfroren.
Nur die Liebe wird mit Angst geboren,
Nur der Sehnsucht ruhen nie die Ohren.

(Max Dauthendey, Alle handeln wie die Herzen müssen, in: Der weiße Schlaf, aus: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 445)


 

Montmartre, Paris

Quelle: Foto von Matthee auf Unsplash

 


Endlich mal wieder ein bisschen Dauthendey. Rilke und/oder Dauthendey, es geht gerade nicht ohne. Das Foto oben ist übrigens laut Angaben irgendwo auf dem Montmartre entstanden.

 

 

Regenpoesie

Ein Regen ist kalt durch den Tag gegangen

Viel Wolken halten den Abend umfangen,
Viel dunkle Falten vom Himmel hangen.
Ein Regen ist kalt durch den Tag gegangen,
Und Stille macht Halt, ernst, ohne Bewegen.

Der Abend will sich gern niederlegen,
Die Berge reichen den Rücken hin,
Und jeder Stein will dem Dunkel sich bücken
Dem Abend und seinem geheimen Sinn.

(Max Dauthendey, Ein Regen ist kalt durch den Tag gegangen, aus: Insichversunkene Lieder im Laub, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 299/300)

 

Quelle: Pixabay

 

Ende der Miniserie. Schön, dass ihr dabei wart.

 

Regenpoesie

Und Regen fällt zu Regenguß

Ein Regen ernst und würdevoll
Wirft Wasser in den vollen Fluß,
Als ob das Flußbett bersten soll;
Die Welt zu Wasser werden muß.
Und immer neues Wasser läuft,
Und Regen fällt zu Regenguß,
Und Regen sich zu Regen häuft
Wie Sehnsucht, die mit jedem Fuß
Auf neuer Sehnsucht fußen muß.

(Max Dauthendey, Und Regen fällt zu Regenguß, aus: Lusamgärtlein, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 262)

 

Quelle: Pixabay

 

Regenpoesie

Und die Sehnsucht, die rasende Schöne

Zu der Musik des Regens, da draußen in der Nacht,
Da haben sich meine Gedanken als Tänzer aufgemacht.
Die Nacht ist der wiegende Boden, drauf gleiten sie kreisend fort,
Und Tänzerin den Gedanken ist manch ein Liebeswort,
Die Regenmusik singt sich Töne auf Dach und Fensterbank,
Und die Sehnsucht, die rasende Schöne, tanzt meine Gedanken krank.

(Max Dauthendey, Und die Sehnsucht, die rasende Schöne, aus: Der weiße Schlaf, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 424)

 

Quelle: Pixabay

 

Regenpoesie

Wolken ohne Flug und Regen

Wolken lähmend draußen stehen,
Wolken durch die Wände gehen;
Heut’ vor Wolken, weltengroßen,
Ist der Himmel nicht zu sehen.
Wolken drücken stumm verdrossen.
Wolken sich zusammenschlossen,
Wolken, die nicht zu bewegen,
Wolken ohne Flug und Regen,
Wolken, die ans Herz grob stoßen.

(Max Dauthendey, Wolken ohne Flug und Regen, aus: Lusamgärtlein, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 237)

 

Quelle: Pixabay

 

 

Regenpoesie

Wenn die Wolken sich heiß den Liebeshof machen

Ein lechzend Gewitter durch den Nachmittag strich
Und krepierend hinter die Berge hinschlich.
Als lagen Drachen im Liebeskampf,
Umbrüllten sich Wolken mit dumpfem Gestampf.
Wenn die Wolken sich heiß den Liebeshof machen,
Sitzt grell der Tod in ihrem Lachen.
Jetzt atmet das Gras wieder hell und klar;
Kühl steht die Welt an alter Stell’
Und weiß kaum noch, daß sie voll Durstgefühl war.

(Max Dauthendey, Wenn die Wolken sich heiß den Liebeshof machen, aus: Lusamgärtlein, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 262)

 

Quelle: Pixabay

 

Stay tuned! Morgen geht es weiter …  😉

 

Regenpoesie

Die Tage lassen keine Spur

O Regen sag, Du kommst so hoch daher,
Ist droben auch der Tag spurlos und leer?

Du fällst zum Fluß und schwimmst zum Meer,
Glaubst, Du enteilst dem Leid und suchst Genuß?

O wüßten alle nur, was doch ein jeder wissen muß:
Die Tage lassen keine Spur, so wenig wie der Regen auf dem Fluß, –
Die Liebe nur.

(Max Dauthendey, Die Tage lassen keine Spur, aus: Weltspuk, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 378/379)

 

Dnjepr | RegensucherinQuelle: Photo by Yurii Khimanin on Unsplash

 

Regenpoesie

Die Wasser der Welt

Der Himmel wurde zum wütenden Bach,
Wildwasser stürzt allen Wegen nach.
Der Regenlärm laut die Stunden schilt,
Sturzwasser aus Wolke und Acker quillt.

Doch von unsern Herzschlägen, den raschen,
Kann nie der Regen die Spuren verwaschen,
Und die Stunden, die sich warm zu uns legen,
Können die Wasser der Welt nicht fortbewegen.

(Max Dauthendey, Die Wasser der Welt, aus: Weltspuk, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 392)

Regenfenster | RegensucherinQuelle: Pixabay

Nein, nein, SO schlimm regnet es nicht – man muss seit Neuestem ja immer fragen, ob die Klimakatastrophe etwa wieder zulangt.
Es ist kalt und es regnet … sogar der Fellträger verschwindet hinter der Heizung und groovt sich auf die kalte Jahreszeit ein.

Regenpoesie

Die Nacht will sich in laute Wasser einhüllen

Hörst du, wie draußen im Regen die Wasser sich necken,
Wie die Regengüsse hinfallen in langen, lauten Strecken
Und überlaufen über die Ränder der Wolkenbecken,
Als soll mit Mann und Maus heut Nacht die Erde ersaufen.
Es kann kaum der Regen vor stürzender Eile noch schnaufen;
Die Regengeister füllen mit ihren Wasserleibern die Traufen.

Die Nacht will sich in laute Wasser einhüllen,
Aus dem Regen sie sich ein eigenes Liebeslied macht,
So wie ein Verlassener sein einsames Lachen lacht.

(Max Dauthendey, Die Nacht will sich in laute Wasser einhüllen, aus: Lusamgärtlein. Frühlingslieder aus Franken, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 256)

 

Regen in der Nacht | RegensucherinQuelle: Pixabay

 

Es regnet. Schon einen mehr oder weniger großen Teil der Nacht, soweit wie ich das mitbekommen habe, und ungemütlich frisch ist es auch.

Der Einzige, den das nicht die Bohne stört, ist der Herr Fellträger …

Habt einen guten Tag!

Regenpoesie

Und durstig kommt die Nacht zu allen

Die Amseln spielen ihre vielen Flöten,
Die schallen lustig in das Abenddunkel.
Sehr große Regentropfen fallen,
Und durstig kommt die Nacht zu allen.
Ich gehe unterm Regen an dem Fluß entlang,
Die Welle singt halblaut noch ihren Wandersang,
Die Wasser leuchten noch mit letzter Helle.
Doch Berge und die Sehnsucht fliegen nie.
Sie liegen drückend stets auf einer Stelle.

(Max Dauthendey, Und durstig kommt die Nacht zu allen, aus: Der weiße Schlaf, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 444)

 

Südafrika | RegensucherinQuelle: Pixabay

 

Merken