Regenpoesie

Im Regen

Es stimmt zu mir, es ist ein sinnreich Wetter;
mein Nacken trieft, denn Baum und Borke triefen.
Die Tropfen klatschen durch die schlaffen Blätter;
die nassen Vögel tun, als ob sie schliefen.

Der Himmel brütet im verwaschnen Laube,
als würde nie mehr Licht nach diesem Regen;
nun kann er endlich, ungestört vom Staube,
das Los der Erde gründlich überlegen.

Die Welt fühlt grämlich ihres Alters Schwere:
kein Fünkchen Freude, keine Spur von Trauer.
Und immer steter schwemmt sie mich ins Leere:
kein Staub, kein Licht mehr – grau – und immer grauer.

(Richard Dehmel, Im Regen, aus: Erlösungen. Gedichte und Sprüche, 2., veränderte Auflage 1898, Online-Quelle)

 

Interessanterweise scheint es davon aber eine frühere (abweichende) Version zu geben, die ich ebenfalls schön finde – nur halt anders.

Update: Ich habe viel zu kompliziert gedacht. Dehmel hat zwischen der ersten (sehr erfolgreichen) und zweiten Ausgabe seiner „Erlösungen“ dieses Gedicht überarbeitet.

 

Im Regen

In langen Tropfen rinnt es um mich nieder,
sie schlagen prasselnd durch die schlaffen Blätter,
die Vögel sträuben triefend das Gefieder:
es stimmt zu mir! es ist ein artig Wetter!

Trübsel’ger rauscht es in den Lüften immer,
der Himmel brütend scheint zu überlegen
das Loos der Erde – nirgend stört ein Schimmer:
versunken Laub und Licht, – nur Regen, Regen.

Die Welt fühlt grämlich ihres Alters Schwere:
kein Schein von Freude rings, kein Hauch von Trauer.
Und ziellos starr’ ich, – schreit’ ich, – fort, – ins Leere:
in mir und um mich grau – – und immer grauer.

(Richard Dehmel, Im Regen, aus: Erlösungen. Eine Seelenwandlung in Gedichten und Sprüchen. Erstdruck Stuttgart 1891, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Bei uns regnet es die ganze Woche mehr oder minder beständig, aber es ist eher die angenehme, die „Landregen“-Sorte, nicht der Platschregen. Trotzdem – bisschen wärmer, bisschen trockener: Ich hätte nichts dagegen.
Irgendwas ist immer, ihr wisst ja.